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Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften

Vom 24.12.2003, verkündet in BGBl I Jahrgang 2003 Nr. 66 vom 29.12.2003.

Vor diesem Gesetz durfte Handwerksbetriebe weitgehend nur gründen und führen, wer die Meisterprüfung für das jeweilige Handwerk abgelegt hat. Das Gesetz hat diese Meisterpflicht für bestimmte Berufe abgeschafft. Die genaue Liste, für welches Handwerk nun ein Meisterbrief erforderlich ist und für welches nicht, war das Ergebnis eines Kompromisses zwischen Regierungskoalition und Bundesrat. Dementsprechend schwierig ist es auch, einen tieferen Sinn in der Zuordnung zu erkennen. Grob gesagt sind aber Handwerke zulassungsfrei geworden, bei denen fehlerhafte Ausübung normalerweise niemanden in Gefahr bringt.


Hier ist das Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften im WWW zu finden:

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Anlass und Inhalt des Gesetzes lt. Entwurfsbegründung (BT-Drs Nr. 15/1206)

A. Ziel

Die Änderungen der Handwerksordnung (HwO) und weiterer handwerksrechtlicher Vorschriften sollen den Großen Befähigungsnachweis und die wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks stärken, Existenzgründungen erleichtern, Arbeitsplätze sichern sowie Impulse für neue Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze geben. Die Inländerdiskriminierung wird abgebaut, strukturelle Hemmnisse werden beseitigt. Mit der Novelle werden nicht notwendige Regulierungen abgebaut.

Das Handwerk befindet sich in einer spätestens seit 1995 anhaltenden negativen Entwicklung. Die seit langem als Berufszugangsvoraussetzung bestehende Meisterprüfung hat jedenfalls seit 1953 keine nennenswerten Reformen erfahren. Die schwierige wirtschaftliche Situation des Handwerks hat im Wesentlichen strukturelle Ursachen.

Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen Handwerken und von Handwerken gegenüber anderen Gewerben verhindern, dass Leistungen kundengerecht gebündelt und aus einer Hand angeboten werden können. Auch partizipiert das Handwerk kaum an der Entwicklung innovativer Bereiche.

Deutschland ist neben Luxemburg das einzige europäische Land mit vergleichbaren Berufszugangsvoraussetzungen.

Angesichts der Entwicklung im Handwerk verstärken sich Zweifel, ob die subjektive Berufszugangsschranke der Meisterprüfung noch ausreichend durch die "Erhaltung des Leistungsstandes und der Leistungsfähigkeit des Handwerks und die Sicherung des Nachwuchses für die gesamte gewerbliche Wirtschaft" abgedeckt ist. Daher soll die Anlage A der HwO auf den Kreis der Handwerke beschränkt werden, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können. Damit wird der handwerkliche Befähigungsnachweis verfassungsrechtlich stärker abgesichert.

Die Novelle soll das Handwerksrecht zukunftsfähig, zukunftssicher und europafest machen.

Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Mehrere der im Gesetzentwurf vorgesehenen Vorschriften lösen nach Artikel 84 Abs. 1 die Zustimmungsbedürftigkeit des Gesetzes aus.

B. Lösung

Durch die Reduzierung der Handwerke der Anlage A HwO auf solche Handwerke, bei deren Ausübung Gefahren für die Gesundheit oder das Leben Dritter entstehen können, wird für zahlreiche Gewerbe das Erfordernis der Meisterprüfung als Berufszugangsvoraussetzung abgeschafft. Letztere werden als zulassungsfreie Handwerksgewerbe in die Anlage B Abschnitt 1 überführt. Damit wird Gewerbetreibenden in diesen Bereichen eine Selbständigkeit ohne obligatorischen Meistertitel ermöglicht. Insoweit werden Abgrenzungsprobleme innerhalb der in der Anlage A verbleibenden Handwerke und gegenüber den in die Anlage B überführten Handwerken sowie auch zwischen diesen beseitigt. Den Kunden kann ein breites Angebot von Leistungen aus einer Hand angeboten werden. Für Existenzgründer entfällt die Hürde der Meisterprüfung als Berufszugangsvoraussetzung, was sich positiv auf das Gründungsgeschehen auswirken wird. Eine größere Anzahl neuer Kleinbetriebe wird zu einer besseren Versorgung der Kunden und Verbraucher beitragen. Außerdem wird ein Beitrag zur Steigerung der im europäischen Durchschnitt niedrigen Selbständigenquote von 9,3 % in Deutschland (im Gegensatz zu 12,3 % EU-Durchschnitt) geleistet. Für die Handwerksgewerbe der Anlage B wird die Möglichkeit des fakultativen Meisters als Qualitätssiegel geschaffen. Der fakultative Meister kann sich im Wettbewerb ungehindert mit dem Gütesiegel der Meisterprüfung darstellen. Die Meisterprüfungskosten für die Handwerke der Anlage B werden, soweit die Möglichkeit des fakultativen Meisters nicht genutzt wird, entfallen. Soweit bisher zulassungspflichtige Handwerke in Anlage B überführt werden, wird die bisher bestehende Inländerdiskriminierung vollständig beseitigt. Die Zulassungsfreiheit zahlreicher bisher zum Vorbehaltsbereich gehörender Gewerbe wird zu mehr Wettbewerb führen.

Das Inhaberprinzip wird aufgehoben. Natürliche Personen und Personengesellschaften können handwerkliche Betriebe gründen und übernehmen, ohne dass sie selbst die handwerksrechtliche Befähigung besitzen müssen, wie dies bereits seit langem bei den juristischen Personen der Fall ist. Ausreichend ist, wenn ein Betriebsleiter mit Meisterbrief bzw. Ausnahmebewilligung eingestellt wird. Nachfolgeprobleme im Handwerk werden dadurch erheblich entschärft. Gesellen der zulassungspflichtigen Handwerke der Anlage A mit 10-jähriger Berufserfahrung, davon 5 Jahre in herausgehobener, verantwortungsvoller oder leitender Stellung, erhalten einen Anspruch auf Eintragung in die Handwerksrolle. Die Ausbildung im Handwerk wird attraktiver, da der Gesellenabschluss mehr Perspektiven bietet. Ingenieure und Techniker werden unter erleichterten Bedingungen zur selbständigen Handwerksausübung zugelassen.

Die Ausbildungsleistung insgesamt wird durch die vorgesehenen Regelungen nicht beeinträchtigt. Vielmehr soll durch die Überführung zahlreicher Handwerksgewerbe in die Anlage B einschließlich der dazu gehörigen Ausbildungsverordnungen, die erhalten bleiben, die Ausbildungsleistung innerhalb der Anlage B erheblich verbessert werden. Dies dürfte für andere Gewerbe der Anlage B Anreiz sein, sich für eine Ausbildungsordnung einzusetzen.

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Bundestagsdrucksachen zur Beratung des Gesetzes

Links führen zur DIP-Datenbank des Deutschen Bundestages.

NummerDatumInhalt
15/1206 24.6.2003 Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
15/2083 25.11.2003 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit
15/2120 2.12.2003 Unterrichtung durch den Bundesrat
15/2246 16.12.2003 Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses

Durch das Gesetz geänderte Rechtsnormen (soweit auf rechtliches.de verzeichnet):


Bundesrecht nach Rechtsgebieten - Verkündete Gesetze