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Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen

Vom 3.5.2012, verkündet in BGBl I Jahrgang 2012 Nr. 19 vom 9.5.2012.

Hier ist das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen im WWW zu finden:

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Bundesanzeiger Verlag PDF fortlaufender Text
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Anlass und Inhalt des Gesetzes lt. Entwurfsbegründung (BT-Drs Nr. 17/5707)

A. Ziel

Der europäische Rechtsrahmen zur Telekommunikation wurde umfassend überarbeitet. Ende des Jahres 2009 traten zwei Änderungsrichtlinien, die Änderungsrichtlinie "Bessere Regulierung" (2009/140/EG) und die Änderungsrichtlinie "Rechte der Bürger" (2009/136/EG), in Kraft. Sie sind bis zum 25. Mai 2011 in nationales Recht umzusetzen. Ziel der novellierten europäischen Vorgaben ist es, die Wettbewerbsentwicklung auf dem europäischen Binnenmarkt und den Ausbau neuer, hochleistungsfähiger Netze im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher und der Wirtschaft zu stärken. Unter Bezugnahme auf die Lissabon-Strategie und mit Blick auf die immense wirtschafts- und gesellschaftspolitische Bedeutung einer flächendeckenden Breitbandversorgung sollen Anreize für Investitionen in neue Hochgeschwindigkeitsnetze geschaffen und nachhaltige Investitionen in die Entwicklung neuer Netze gefördert werden. Mit der Schaffung des neuen Gremiums Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) (Verordnung (EG) Nr. 1211/2009) und dessen Einbindung in Regulierungsentscheidungen wird zudem der europäische Harmonisierungsgedanke stärker betont. Dies dient dem Ziel, den europäischen Binnenmarkt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union zu stärken. Ein weiteres wichtiges Ziel der neuen Rechtsvorgaben ist es, die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher in den Bereichen Kunden- und Datenschutz zu verbessern.

Zentrales Anliegen des europäischen Rechtsrahmens und des Telekommunikationsgesetzes (TKG) ist es nach wie vor, einen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb sicherzustellen und so letztlich einen selbsttragenden Wettbewerb zu schaffen. Entsprechend der Wettbewerbsentwicklung soll deshalb die sektorspezifische Regulierung schrittweise abgebaut und sollen die Märkte in das allgemeine Wettbewerbsrecht überführt werden. Dieses im europäischen Rechtsrahmen und im TKG angelegte, dynamische Konzept soll konsequent fortgeführt werden.

B. Lösung

Im Rahmen einer weit reichenden Novellierung des TKG werden die neuen europäischen Rechtsvorgaben umgesetzt. In dem Gesetzentwurf sind zahlreiche Regelungen vorgesehen, die eine wettbewerbskonforme Förderung des Aufbaus hochleistungsfähiger Netze (Breitband) zum Ziel haben. Hierzu gehört u. a. die ausdrückliche Ermächtigung für die Bundesnetzagentur, langfristige

Regulierungskonzepte vorzugeben und damit die Planungssicherheit für Investitionen zu erhöhen. Der Bundesnetzagentur wird zudem explizit vorgegeben, bei der Zugangs- und Entgeltregulierung die mit dem Aufbau neuer Netze verbundenen Investitionsrisiken sowie Kooperationsmodelle zur Aufteilung dieser Risiken zwischen Investorinnen und Investoren und Zugangsbegehrenden zu berücksichtigen. Investorinnen und Investoren soll eine angemessene Rendite für das eingesetzte Kapital ermöglicht werden.

Eine neue Befugnis für die Bundesnetzagentur, Informationen über Art, Lage und Verfügbarkeit von Infrastruktureinrichtungen anzufordern, um damit den bestehenden Infrastrukturatlas zu verbessern, ist ebenfalls Gegenstand des Entwurfs. Ziel ist es, eine wirtschaftlichere Nutzung vorhandener Infrastrukturen zu ermöglichen. Diesem Ziel dient auch die neue Befugnis der Bundesnetzagentur, im Bereich der Wegerechte eine gemeinsame Nutzung bestimmter Infrastrukturen anzuordnen.

Um einen flexibleren Umgang mit Funkfrequenzen zu ermöglichen, sollen diese künftig unter bestimmten Voraussetzungen vermietet und gemeinschaftlich im Sinne eines Frequenzpoolings genutzt werden dürfen.

Die nach dem TKG geltende Frist zur Digitalisierung des Hörfunks (2015) wird mit Blick auf die geringe Marktnachfrage durch eine Verlängerungsoption, die entsprechend der Marktentwicklung zehn Jahre betragen kann, ersetzt; zugleich wird für Hörfunkanbieter erstmals ab 2015 die Möglichkeit eingeführt, einen Sendernetzbetreiber zu wählen.

Auch die europäischen Vorgaben zur Optimierung der verbraucherschutzrechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere die Transparenz- und Qualitätsvorgaben, werden mit dem Gesetzentwurf umgesetzt. Das derzeit auf europäischer und nationaler Ebene intensiv erörterte Thema der Netzneutralität wird dabei ebenfalls behandelt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) in einer Rechtsverordnung Transparenz- und Mindestqualitätsvorgaben machen kann. Gleichzeitig wird das BMWi ermächtigt, entsprechend den europäischen Vorgaben die Befugnis zum Erlass der Rechtsverordnung an die Bundesnetzagentur (BNetzA) zu übertragen. Die parlamentarische Kontrolle wird dadurch sichergestellt, dass der Bundestag der Rechtsverordnung zustimmen muss.

Zusätzlich werden aktuelle nationale verbraucherrechtliche Themen aufgegriffen. Hierzu gehören Regelungen zur Warteschleifenproblematik, zum Anbieterwechsel sowie zur vertragsunabhängigen Mitnahme der Mobilfunkrufnummer beim Wechsel des Anbieters.

Die neuen Datenschutzbestimmungen verfolgen durch die Einführung zusätzlicher Informations- und Transparenzverpflichtungen (z. B. bei der Ortung von Mobilfunkendgeräten) das Ziel, sensible Daten besser zu schützen und damit die Rechtsposition der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken. Die Richtlinie 2009/136/EG ändert zudem Artikel 5 Absatz 3 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (Richtlinie 2002/58/EG). Die Speicherung von Informationen oder der Zugriff auf Informationen, die bereits im Endgerät eines Teilnehmers oder Nutzers gespeichert sind, ist danach nur gestattet, wenn der betreffende Teilnehmer oder Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen, die er gemäß der Richtlinie 1995/46/ EG u. a. über die Zwecke der Verarbeitung erhält, seine Einwilligung hierzu gegeben hat. Die zunehmende Verwendung so genannter Cookies und vergleichbarer technischer Gestaltungen wirft Bedenken im Hinblick auf den Schutz der Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme auf. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Gefahr einer Profilbildung durch die Verknüpfung einer Vielzahl von ­ z. B. unter Einsatz von "Cookies" gewonnener ­

Informationen und Daten, ohne dass der Nutzer hiervon Kenntnis oder Einfluss hierauf hat. Einzelfragen der Umsetzung der Änderung von Artikel 5 Absatz 3 der Richtlinie 2002/58/EG sind derzeit Gegenstand umfangreicher Konsultationen auf europäischer Ebene, die auch Selbstregulierungsansätze der betroffenen Werbewirtschaft umfassen. Das Ergebnis dieses Prozesses wird vor einer Entscheidung über weitergehenden gesetzgeberischen Handlungsbedarf zunächst abgewartet.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Urteil vom 2. März 2010 (1 BvR 256, 263, 586/08) die Nichtigkeit der §§ 113a und 113b TKG festgestellt. Diese auf eine Verfassungsbeschwerde hin ergangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat Gesetzeskraft (§ 31 Absatz 2 Satz 2 i. V. m. § 13 Nummer 8a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ­ BVerfGG). Die Entscheidungsformel ist gemäß § 31 Absatz 2 Satz 3 BVerfGG am 17. März 2010 verkündet worden (BGBl. I S. 272). Die vom BVerfG festgestellte Nichtigkeit besteht ipso iure und wirkt ex tunc. Durch die Verkündung der Entscheidungsformel aus dem Urteil des BVerfG ist auch der Rechtsschein einer wirksamen Norm beseitigt worden. Für eine Aufhebung der Vorschriften im vorliegenden Gesetzgebungsvorhaben besteht daher aus rechtlichen Gründen keine Notwendigkeit. Mit dem Artikelgesetz werden zudem die neuen europäischen Vorgaben zum Notruf im TKG und in der Verordnung über Notrufverbindungen umgesetzt. Neben rechtsförmlichen Klarstellungen und Bereinigungen werden mit dem Gesetzentwurf zusätzlich einige Regelungen über die Gerichts- und Beschlusskammerverfahren geändert. Dies geschieht vor dem Hintergrund einschlägiger europäischer und nationaler Gerichtsentscheidungen zu diesem Themenkomplex.

Die Eingriffsbefugnisse der Bundesnetzagentur und die Bußgeldbestimmungen werden an die novellierte Roaming-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 717/ 2007, zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 544/2009) angepasst.

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Bundestagsdrucksachen zur Beratung des Gesetzes

Links führen zur DIP-Datenbank des Deutschen Bundestages.

NummerDatumInhalt
17/5707 04.05.2011 Gesetzentwurf der Bundesregierung
17/7521 26.10.2011 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie
17/7525 26.10.2011 Änderungsantrag der Abgeordneten Tabea Rößner, Kerstin Andreae, Dr. Konstantin von Notz, Cornelia Behm, Volker Beck (Köln), Ekin Deligöz, Kai Gehring, Katrin Göring-Eckardt, Priska Hinz (Herborn), Ingrid Hönlinger, Memet Kilic, Maria Klein-Schmeink, Oliver Krischer, Agnes Krumwiede, Dr. Tobias Lindner, Beate Müller-Gemmeke, Dr. Hermann E. Ott, Elisabeth Scharfenberg, Markus Tressel, Wolfgang Wieland und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
17/7526 26.10.2011 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Konstantin von Notz, Tabea Rößner, Kerstin Andreae, Volker Beck (Köln), Cornelia Behm, Harald Ebner, Hans-Josef Fell, Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Ingrid Hönlinger, Memet Kilic, Sven-Christian Kindler, Maria Klein-Schmeink, Oliver Krischer, Agnes Krumwiede, Beate Müller- Gemmeke, Dr. Hermann E. Ott, Elisabeth Scharfenberg, Wolfgang Wieland und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
17/7930 29.11.2011 Unterrichtung durch den Bundesrat
17/8569 08.02.2012 Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses

Durch das Gesetz geänderte Rechtsnormen (soweit auf rechtliches.de verzeichnet):


Bundesrecht nach Rechtsgebieten - Verkündete Gesetze